Dort eröffnet am 28. Mai »Unverpackt Mainz«, ein Lebensmittelgeschäft, das ganz ohne Verpackung auskommt. Noch ist der Laden leer bis auf Karton-Stapel. Gerade ist eine Lieferung mit großen Plastikbehältern angekommen. Aus denen können sich die Kunden in wenigen Wochen Müsli, Reis, Couscous und Mehl auf das Gramm genau selbst abfüllen in mitgebrachte Behälter.
Der Besitzer Abdelmajid Hamdaoui glaubt, dass viele auf genau diese Art von Laden gewartet haben. Vor drei Jahren hat er wenige Meter weiter den Brotposten am Frauenlobplatz eröffnet, eine Bäckerei, in der zu günstigen Preisen Brote vom Vortag verkauft werden. Es war ihm wichtig, auch für seine neue Geschäftsidee einen Platz in der Neustadt zu finden, in seinem »Mainzer Kreuzberg«, wie er es nennt.
Erschwingliche Preise
Über der Ladentür hängt noch in großen Buchstaben »Metzgerei«. Der neue Laden wird aber so ziemlich das Gegenteil davon. Fleisch und Käse werden nicht angeboten, beides müsste in Kühltheken liegen und lässt sich nicht in Selbstbedienung verkaufen. Hamdaoui scrollt am Laptop durch seine Liste von etwa 200 Produkten, fast alle sind mit einem grünen Punkt markiert, also . Trotzdem verspricht Hamdaoui erschwingliche Preise. »Sonst zahlt man ja bei jedem Einkauf die Verpackung mit, bei einer Packung Eier 15 Cent. Das fällt hier schon mal weg«, sagt er.
Was durch die Verpackung allerdings auch wegfällt, sind Zubereitungshinweise, Rezepte und Mindesthaltbarkeitsdatum. Der Kunde muss sich selbst schlau machen.
Am Schaufenster in der Kurfürstenstraße klebt schon der »Unverpackt«-Schriftzug im hippen Neustadt-Stil. Ein Detail, das Hamdaoui sehr wichtig ist, fehlt noch: Unten soll entlang der Scheibe in verschiedenen Sprachen »Danke, Mutter Natur« stehen. Die Wertschätzung von Lebensmitteln ist ihm wichtig. Aufgewachsen in Marokko, war für ihn immer klar, dass Essen nicht weggeschmissen wird. In seiner Kindheit kamen die Lebensmittel aus dem Lädchen nebenan oder vom Markt – lose, statt in Plastik.
Tipps aus Frankreich
Die Idee zum verpackungsfreien Laden hatte Hamdaoui letzten November. Ihm fiel auf, dass viele seiner Kunden im Brotposten ihre Brottüten wieder mitbringen. Dann las er beim Frühstück einen Artikel über einen US-Amerikaner, der ein Jahr ohne Verpackung gelebt hat, und sein Plan stand fest. Mit dem Geschäft in der Kurfürstenstraße gibt sich der 53-Jährige nur vorübergehend zufrieden. Er hat schon Pläne, das Konzept auszuweiten, eigentlich wünscht er sich eine Café-Ecke. Für die ist auf aktuell 53 Quadratmetern aber nicht genug Platz.
In Deutschland gibt es bis jetzt erst eine Handvoll Unverpackt-Läden. Den ersten eröffnete letztes Jahr in Kiel eine Französin, bei der sich Hamdaoui jetzt Tipps holt. Eigentlich möchte er auch seine Lieferungen ohne Verpackung bekommen. Das lohnt sich für Lieferanten aber erst, wenn sie mehr Abnehmer haben. Deshalb wollen die Unverpackt-Läden eng zusammen arbeiten.